17. bis 25. Mai 2012
Reisebericht von einer Reiseteilnehmerin: Ursula Lorenz
“Leben wie Gott in Frankreich” – wer möchte das nicht?
Um diesem Ziel näher zu kommen, führt uns unsere Reise nach Südfrankreich über die Bodensee Autobahn, teilweise durch den schönen Schwarzwald, das Höllental, Freiburg (Zustieg), am Rand der Vogesen und dem Jura entlang. Das Wetter ist warm und sonnig, unser 5-Sterne Bus der Fa. Heideker sehr bequem, am Steuer unser hoch geschätzter Herr Weber, die Stimmung an Bord bestens und voller Erwartung.
Erste Pause im Hofgut Sternen im Schwarzwald, wo einst Marie Antoinette ihre Pferde gewechselt und übernachtet hatte. Daneben eine Glasbläserei mit Verkaufsraum, deren ausgestellte Glasobjekte sind wahre Kunstwerke.
Vorbei an Franche-Comtè (freie Grafschaft), Beltfort, Montbèliard, Cote-d’Or, Bourgogne, Departement Ain, erreichen wir am späten Nachmittag Bourg-en-Bresse.
Unterwegs auf der Autobahn weisen uns bereits Schilder auf das dort berühmte Bresse-Huhn hin, das uns am Abend als typische Spezialität der Region im Hotel serviert wird.
Auftakt unserer Besichtigungen ist die Klosterkirche Brou. Die Steinmetzkunst der Fassade ist schön und wie aus Zuckerguss, weithin sichtbar die bunten Ziegel des Daches.
Edith, eine fröhliche Reiseführerin, erzählt uns in ihrer erfrischenden Art über Margarete von Österreich, die bereits im zarten Alter von drei Jahren zum ersten Mal aus politischen Gründen verheiratet wurde. Ihr dritter Gemahl Philibert II. war ihre große Liebe. Ihre Grabmäler aus Alabaster und das von Margarete von Bourbon sind in der im 16. Jh. erbauten Abteikirche.
Die Innenausstattung der Kirche schmückt eine überwältigende Fülle schönster Steinmetzkunst. Besonders eindrucksvoll der Letten. Eines der Fenster wurde von Albrecht Dürer gemalt.
Vor dem Abendessen noch ein Gang zur gotischen Kathedrale Notre-Dame de Bourg mit Renaissance-Fassade, innen düster mit schönen Fenstern.
18. Mai
Auch Frankreich hat ein gutes Frühstücksbüfett zu bieten. Aber auch Regen. Wir fahren in südwestlicher Richtung weiter an Lyon vorbei. Die Landschaft ist ziemlich eben. Bei St. Etienne verlassen wir die Autobahn und die Granit-Landschaft und gehen in die Vulkan-Landschaft über ins Departement Auvergne. Unterwegs erzählt uns Herr Weber (früher Geschichtskundelehrer), wie schon am Vortag, viel Interessantes und Wissenswertes über die jeweiligen Landstriche, die wir durchfahren.
In Le Puy-en-Velay ist unser erstes Ziel die auf dem Michaelsberg stehende eindrucksvolle Kathedrale Notre-Dame, Ziel der Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Campostela. Auf dem Weg nach oben locken viele kleine Läden mit allerlei Krimskrams zum Kauf. Ein junger Mann klöppelt flink Spitzenarbeiten. Der eindrucksvolle gotische Eingang geht durch die “Goldene Pforte”.
Die Kirche hat orientalische Einflüsse, die im Lauf der Zeit durch Pilger mitgebracht wurden. Die Schwarze Madonna trägt je nach liturgischer Jahreszeit andere prächtige Kleidung. In einer kleinen Nebenkapelle befindet sich ein großer, flacher Schieferstein, auf dem Pilger auf ihm liegend um Vergebung ihrer Sünden flehen können.
Vom Michaelsberg aus hat man einen Blick auf die Wallfahrtskirche mit Josefsstatue.
Inzwischen scheint wieder die Sonne. Nach zwei Stunden Mittagspause setzen wir unsere Fahrt fort. Viel gelber Ginster setzt farbige Akzente in das frühlingszarte Grün der bewaldeten Hügel, dunkle Nadelbäume dazwischen. Frankreich ist nicht so dicht besiedelt wie Deutschland. Ein Fünftel wohnt in den Städten.
Im Bordradio läuft schmeichelnde Musik mit französischen Interpreten. Wir lauschen wohlig träge und lassen die schöne Landschaft an uns vorüberziehen – eine Wiese mit kleinen weißen Narzissen, gelben Butterblumen, Löwenzahn, roter Mohn, dazwischen eine große Herde Schafe. Der Blick schweift weit ins Land mit kleinen Dörfern, die Hügelkette der Auvergne in der Ferne. Vereinzelt blühende Obstbäume.
Eine Herausforderung für Busfahrer sind die sehr engen, verwinkelten Gassen der Dörfer. Aber unser Herr Weber führt unseren Bus stets elegant durch. An den Häusern kann man die Geologie studieren. Die vulkanische Landschaft haben wir verlassen, die Häuser sind nun aus Granit. Wir durchfahren den Landbezirk des Languedoc-Roussillon. Kalksteinplateaus sorgen für eindrucksvolle Felsformationen.
Felsnadeln durchbrechen den Baumbestand wie auf der Schwäbischen Alb. Auf den Autobahnen ist Maut zu bezahlen, aber dafür sind die Straßen in gutem Zustand. Die WC-Häuschen sind ansprechend gestaltet und sauber, jedoch häufig mit Stehklos, was nicht immer Zustimmung bei der deutschen Weiblichkeit findet.
Um die Sehenswürdigkeiten der Region zu schützen, wurde 1970 der Nationalpark der Cevennen ausgewiesen. Wir überfahren den Fluss L‘Averon, sehen die 15-Bogen-Brücke in Rodez und erreichen Albi, unser Ziel für den heutigen Tag. Wir wohnen in einer Mühle aus dem 19. Jh., die zu einem gemütlichen Hotel umgebaut worden ist.
Nach einem guten 3-Gänge-Menü mit freiem Wein und Wasser unternehmen wir noch einen Verdauungsspaziergang. In abendlicher Beleuchtung ist die Markthalle besonders schön. Der wuchtige Anblick der Kathedrale aus rotem Backstein Sainte Cècile lässt uns innehalten. Auf dem großen Platz davor ist pralles Leben. Eine Dixieland-Gruppe spielt flott auf, die Leute sind in ausgelassener Stimmung. Auf einer Bühne wird gerockt, keiner kann dabei still stehen. Es wird gefeiert. Warum? Weil Francois Hollande neuer Präsident wurde? Oder ein Feiertag ist? Wir erfahren es nicht.
Aber wir singen und schwingen begeistert mit.
19. Mai
Zu Fuß gehen wir zur Kathedrale Sainte Cècile, die auch am Tag einen monumentalen Eindruck macht. Im Gegensatz zum festungsartigen Äußeren der Kathedrale ist das Innere künstlerisch ausgestaltet. Man kann sich kaum satt sehen an der üppigen Pracht und Vielfalt, die italienische Künstler im Stil der Frührenaissance entwickelten. Das Fresko im Gewölbe ist mit einer Länge von 97 m und einer Breite von 28 m das größte Werk der italienischen Renaissance in Frankreich. Es wurde im 16. Jh. durch Künstler aus Modena und Bologna gemalt.
Ein Gemälde an der Westwand des Kirchenschiffes stellt das Jüngste Gericht dar. Von einem unbekannten Maler gemalt, ist es eines der bedeutendsten Kunstwerke des späten Mittelalters. Die barocke Orgel aus dem 18. Jh., der wunderschöne Lettner im Flamboyantstil, die wunderschönen Fresken an der Decke, der Hauptaltar, das herrlich geschnitzte Chorgestühl mit Engelfiguren und Gestalten aus dem Alten und Neuen Testament findet unsere Bewunderung.
Im Bischofspalast befindet sich ein Museum, welches dem in Albi geborenen Maler Henri de Toulouse-Lautrec gewidmet ist. Berührt hat die Ausstellung seiner Skizzen, Lithographien, Zeichnungen und Bilder der Pariser Halbwelt insbesondere, weil sie so viel Menschlichkeit zum Ausdruck bringen. Ohne seine Plakate wäre das Moulin Rouge in Paris nie über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden.
Bei der Weiterfahrt erzählt uns Herr Weber mehr über den Maler Toulouse-Lautrec, der bereits mit 37 Jahren starb und von seiner Verwandtschaft als Krüppel ausgestoßen worden war. Er war gräflicher Herkunft, und wegen Inzucht hatte sein Körper mit 13 Jahren aufgehört zu wachsen. In der Pariser Halbwelt war er anerkannt und fühlte sich dort wohl.
Millau ist das Zentrum der Schafzucht und Schafmilchwirtschaft. Ledertaschen und Handschuhe werden hier hergestellt. Im Talkessel fand man bei paläontologischen Ausgrabungen über 1000 Tongefäße aus der Römerzeit.
Ein fantastisches Bauwerk ist das Viadukt von Millau, ein Entwurf des britischen Stararchitekten Sir Norman Foster. Wie eine Harfe in die Landschaft gezeichnet scheint sie über dem Flusstal zu schweben. Technisch und ästhetisch ein Meisterwerk.
Die Fahrbahn liegt in einer Höhe von maximal 270 m über dem Tarn und ist 2,5 km lang. Der Eiffelturm hat unter ihm Platz. Mit einer Höhe von bis zu 245 m sind die sieben Stahlbetonpfeiler der Brücke die bis dahin höchsten Brückenpfeiler der Welt.
Auf den Pfeilern stehen 98 Meter hohe und 700 Tonnen schwere Stahlpylone, an denen die Fahrbahn aufgehängt ist. Die Bauzeit betrug vier Jahre.
Jeden Nachmittag gibt es am Bus eine Kaffeepause. Helfende Hände klappen schnell einen Tisch auf, der während der Fahrt schon gebrühte Kaffee wird ausgeschenkt und dazu gibt es Flachswickel oder einen der sechs leckeren Kuchen, die Renate für uns alle gebacken hatte. Weiter für unser Wohl zwischendurch sorgt Marianne mit selbst gebackenen Schneckennudeln, und es findet sich immer wieder ein edler Spender oder Spenderin für verdauungsfördernde und stimmungsaufhellende Spirituosen.
Nicht zu vergessen ist Götz, der mehrmals täglich mit seinem „Kängurubeutel“ durch den Bus wandelt und uns mit Getränken aus der Bordküche versorgt. Durch das Dourbietal und die Cevennen zu fahren heißt, dass sich neue Landschaften eröffnen. Großartige Felsformationen ähneln der Schwäb. Alb und dem Elbsandsteingebirge. Tiefe Schluchten, bewaldete Hänge, nette Dörfchen, enge Gassen, der Tarn schlängelt sich dahin. Der Himmel ist bedeckt, wir haben nur noch 13° C.
Ein schönes, gemütliches Hotel in Meyrueis ist unser Quartier für die nächsten drei Tage. Ein vorzügliches 5-Gänge-Menü am Abend ließ uns 2 ½ Stunden schmausen, Rotwein und Wasser inklusiv. Zuvor ein Kir als Begrüßungscocktail.
20. Mai
Nach dem Frühstück schraubt sich unser Bus in engen Serpentinen bei Regen und 9° C in die Höhe, unter uns liegt das Tal der Jonte, dicke Wolken hüllen die Landschaft ein.
Ein heftiges Gewitter mit Platzregen lässt uns aus dem Bus schnell in die beeindruckende Aven Armand Karsthöhle rennen, eine Tropfsteinhöhle mit Stalagmiten.
Durch einen 208 m langen künstlichen Tunnel gelangt man mit einer Standseilbahn zur Haupthalle. Sie trägt den Namen ihres Entdeckers Louis Armand. Die Erklärung über Entdeckung, Größe und weiteres der Höhle gibt uns eine Französin in ihrer Sprache.
Herr Weber dolmetscht. In 2000 m² gibt es 400 Stalagmiten in 110 m Tiefe, 30 Stalagmiten sind 15 m, einer über 25 m hoch. Durch die Fallhöhe und den Kalkgehalt des Wassers ergeben sich Formen wie aufeinander gestapelte Crèpes. Die Dichte des Gesteins ist 2 to auf den m².
Nach der Exkursion in den Untergrund immer noch starker Regen, grauer Himmel, heftiger Wind. Bei der Weiterfahrt sehen wir riesige Weideflächen. Goldregen blüht zwischen Waldbäumen. Hier wohnt nur ein Mensch auf einen km². Die wenigen Häuser ducken sich in Mulden, um gegen die Witterung geschützt zu sein. Die Jungen gehen von hier fort in die Stadt.
In Florac zwängt sich unser Bus durch ein Nadelöhr, die Gassen sind sehr eng. Wir überqueren den Tarn, es regnet in Strömen. Zur Mittagspause suchen wir uns ein Restaurant, wobei uns Herr Weber sehr behilflich ist und uns auf sechs davon verteilt.
Die Einheimischen an den Nachbartischen sind alle sehr freundlich, ebenso die Bedienung, die Verständigung klappt auch ohne Sprachkenntnisse gut. Ein netter Franzose stellt eine halbe Flasche Rotwein zu uns auf den Tisch, damit wir sie vollends austrinken, nachdem er mit Essen fertig war. Nette Geste!
Wir fahren durch die wildromantische Tarnschlucht. Die Felsen sind wolkenverhangen. Riesige Wasserfontänen spritzen auf, wenn der Bus durch Regenpfützen fährt.
Kleine Dörfchen kleben auf halber Höhe am Berg. Eine mächtige Karstquelle sprudelt aus drei Spalten.
Das malerische Dorf
Sainte-Enimie liegt mitten in der Schlucht Gorges du Tarn. Die blaue Karstquelle Burle hat eine Wassertiefe von immerhin 6 bis 7 m und ist einer der bedeutendsten Zuflüsse des Tarn. Ihre wundersamen Heilkräfte soll im 6. Jh. die merowingische Prinzessin Enimie von ihrem Aussatz geheilt haben. Die Grotte ihrer Einsiedelei klebt verwegen hoch am Felsen, in die sie sich zurückgezogen hatte.
Die malerischen Pflastersteingassen mit ihren Wohnhäusern aus Kalkstein durchgehen wir und besuchen die sehenswerte romanische Kirche aus dem 12. Jh.
Ein Teil unserer Reisegruppe macht eine halbstündige Wanderung entlang des sich dahin schlängelnden Tarn. Einigermaßen geschützt gegen den Regen durch tief herabhängende Äste genießen wir den Blick auf den malerischen Flusslauf, den weichen Waldboden, die frische, saubere Luft.
21. Mai
Es regnet noch immer und ist kühl mit 11°C. Die Fahrt geht durch das Tal des Jonte. Der Nebel hängt teilweise fast bis zum Boden. Die gewaltige Szenerie von Tarn und Jonte können wir nur erahnen, von der uns Herr Weber bildhaft erzählt und unsere Fantasie anregt. Es muss hier sehr schön sein bei Sonnenschein…
Als Schmankerl war eine Bootsfahrt auf dem Tarn geplant. Das Wetter ließ diese buchstäblich ins Wasser fallen. Aus der Not machen wir eine Tugend und besuchen die Roquefort-Käserei der Firma Société. Hochinteressant!
Der echte Roquefort Käse darf nur aus der Milch der Lacaune-Schafe hergestellt werden und in den Höhlen von Cambalou reifen. Die Schafe werden ausschließlich zwischen Januar und Juli, der Zeit der Trächtigkeit, gemolken. Dem Käse wird eine Kultur des Edelschimmels Penicillium roqueforti zugesetzt. Zur Erzeugung der Kulturen werden große Mengen von Roggenbrotlaibe gebacken, die außen trocken und innen relativ feucht sein müssen. Die Laibe werden in gut verschlossenen Flaschen gelagert, bis sie von innen her verschimmeln.
Der so gewonnene Schimmel wird pulverisiert und für die Käseproduktion verwendet. Damit sich der Pilz entfalten kann, wurde der Käse früher mit Nadeln angestochen, heute wird eine moderne Methode verwendet. Dadurch gelangt in die Nadelkanäle Sauerstoff, wodurch sich der Pilz ausbreiten kann.
4 g des Edelschimmels reicht für 5000 Liter rohe Schafmilch und ergibt 400 Stück Roquefort Käse. Er ist der einzige Blauschimmelkäse, der diesen Namen tragen darf.
Tief verborgen im luftdurchlässigen Bergmassiv, durch die ein kühler und feuchter Wind bläst, beträgt die Temperatur im Durchschnitt 8 °C bei einer Luftfeuchtigkeit von 95 %. Zahlreiche Felsspalten, sog. Fleurines, lassen frische Luft eindringen und sorgen für optimale Reifebedingungen. Zur Aufbewahrung wird der Käse in Zinnfolie eingepackt und lagert 9 bis 12 Monate. Die Verpackung wird nur von Frauen gemacht, 100 Stück in der Stunde, 700 Stück am Tag.
Es gibt drei ausgewählte Sorten von Roquefort. Nur einer wird in Frankreich verkauft, die beiden anderen Sorten gehen ins Ausland. Wir dürfen alle drei Sorten vor Ort verkosten.
Als Trostpflaster für das miserable Wetter machen wir ein Picknick im Bus. Roquefort, Baguetten und gute französische Weine werden verteilt und dann geht die Schmauserei los. Wir wissen wie man es macht: Käse und Brot im Mund einspeicheln, bis eine homogene Masse entstanden ist, darüber lässt man einen Schluck des guten Weins laufen und genießt. Draußen ist Sintflut, innen gemütlich und wohl temperiert.
Allerdings werden die Flaschen außerhalb entkorkt, Rotweinflecken machen sich im 5-Sterne Bus nicht gut.
Es schmeckt allen vorzüglich, die Stimmung ist super und steigt von Minute zu Minute. Was schert uns das scheußliche Wetter draußen, hier drinnen ist pure Freude und Genuss. Süßigkeiten und Nüsse runden das feine Mahl ab. Das ist‘s: Wir fühlen uns wie Gott in Frankreich!
Und so viele positive Emotionen müssen raus. Liederbücher werden verteilt und wir schmettern aus vollen Kehlen fröhliche Volkslieder. Der Wein entfaltet seine Wirkung: aus manchen Liedern werden plötzlich Kanon…
Weiter geht unsere Fahrt. Steil überhängende Felsen über die Straße, unser Bus passt genau durch. An Steilhängen kleben Steinhäuser wie Schwalbennester. Über dem tiefen Tal sehen wir Geier kreisen.
Auch am letzten Abend in Meyrueis werden wir wieder mit einem 5-Gänge-Menü verwöhnt. Madame selbst geht wie jeden Abend von Tisch zu Tisch mit großer Auswahl an feinen Käse, wir dürfen wählen. Die Kellner necken uns. Der Patron schaut durchs Küchenfenster, ob alles gut läuft und die Gäste zufrieden sind.
22. Mai
Pünktlich um 9 Uhr verlassen wir das freundliche familiengeführte Hotel. In vielen Serpentinen geht es vom Tal in die Höhe, den tief hängenden Wolken immer näher.
Streckenweise sehen wir wilde Orchideen und Narzissen. Die schöne Landschaft der Cevennen zeigt sich uns nur sehr verhalten. Große Weideflächen, Kastanienwälder, typische Cevennendörfchen ducken sich in die Schlucht. In St.-Jean-du-Gard Zwischenstopp, wir schlendern durch den Markt. Die Sonne zeigt sich ein wenig.
Man steht immer wieder staunend vor so viel großartiger Baukunst. Der Pont du Gard ist ein römischer Aquädukt und zählt zu den wichtigsten erhalten gebliebenen Brückenbauwerken der antiken römischen Welt und ist eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Südfrankreichs. Die Wasser führende Brücke ist von beeindruckender Höhe und beinhaltet einen der am besten erhaltenen Wasserkanäle aus der Römerzeit in Frankreich.
Arles, Hauptstadt des Departements Bouches-du-Rhône, ist das Tor, durch das alle Wege in die Camargue führen. Dort begrüßt uns die Stadtführerin Martina und erzählt uns über den Maler Vincent van Gogh, der dem nördlichen Winter entgehen wollte und hoffte, hier die „blauen Töne und heiteren Farben“ des Südens zu finden. Er war sehr produktiv und malte seine schönsten Werke hier.
Julius Cäsar war der Begründer dieser Stadt, die noch eine Fülle prächtiger antiker Gebäude hat. Arles hatte den ersten Mittelmeerhafen. Das Amphitheater war im Mittelalter zu einer Festung gegen die Römer ausgebaut worden und hatte in seinem Inneren 212 Häuser und eine Kapelle. Erst 1825 beschloss die Stadtverwaltung, die Häuser wieder abzubauen. Heute finden hier u.a. unblutige Stierkämpfe statt. 20.000 Besucher finden Platz.
Auch die eindrucksvollen Reste des antiken Theaters mit Zuschauerhalbrund, Turm und korinthischen Säulen bestaunen wir.
Die ehemalige Kathedrale St.Trophime ist eine römisch-katholische Kirche in Arles. Sie war zunächst Abteikirche, später dann Bischofskirche. Sie stellt heute das bedeutendste Gebäude der Stadt und ein beachtliches Beispiel romanischer Architektur dar. Auf beiden Seiten des prächtigen Portals ist das „Jüngste Gericht“ in fantastisch schöner Steinmetzkunst dargestellt. Leider war die Kirche, Ziel für Pilger, wegen Renovierung geschlossen.
23. Mai
Ein verheißungsvoller Tag – wir fahren in die Camargue, und es ist sonnig und warm. Die Camargue ist ein ausgedehntes Sumpfgebiet, das von den Mündungsarmen der Rhône umschlossen wird. In den 70er Jahren wurde dieses Naturschutzgebiet geschaffen.
In diesem lebt eine mit 400 Arten reiche Wasservogelwelt, am bekanntesten ist der rosa Flamingo. Touristische Attraktionen sind die wild lebenden Herden der weißen Camargue-Pferde, einer nur hier vorkommenden Pferderasse, sowie die teilweise sehr großen Herden der Camargue-Stiere. Ihr Fleisch ist eine Spezialität der provenzalischen Küche. Pferde und Stiere leben im Freien, sie haben aber Besitzer und tragen entsprechende Brandzeichen; es sind also keine wilden Tiere.
Die weißen Pferde machen eine dreistufige Metamorphose durch, werden schwarz geboren, dann braun und erst am Schluss weiß.
Im Zentrum von Saintes-Maries-de-la-Mer erhebt sich eine alte Wallfahrtskirche, wir besteigen das Dach derselben mit bescheidener Aussicht. In der Krypta ist die edel bekleidete Statue der Hl. Sara, Schutzheilige der Roma, die von den Gläubigen berührt, gestreichelt oder geküsst wird. Vor der Kirche werden wir von bettelnden Roma bedrängt oder zum Kauf von billigem Schmuck angehalten.
Die Promenade zurück zum Bus führt uns am Meer entlang. Wir freuen uns über die Sonne, die Wärme, den schönen Anblick des Meeres.
Auf einer Farm erwartet uns eine Überraschung. Mit einem von einem Traktor gezogenen Chariot (Karren) fahren wir hinaus auf eine große Weide. Zuvor wurden wir vom Farmer mit seiner Tochter auf weißen Pferden sitzend über alles Wichtige informiert. Es übersetzt ein Badener, der mit seiner Gruppe im Karren vor uns ist.
Dieser ist mit Stroh ausgepolstert, anscheinend ein Leckerbissen für die schwarzen Stiere, die es büschelweise fressen. Edel sehen sie aus mit glänzendem Fell.
27.000 bis 28.000 Rinder werden hier aufgezogen für die Spiele in den Arenen. Die Tiere werden nicht zu Tode gebracht. Junge Leute ab 14 Jahren dürfen bei den Spielen in den Arenen die Kokarde mit den französ. Nationalfarben mit einer Kralle von den Hörnern der Stiere entfernen, was innerhalb von 15 Min. geschehen sein muss. Auf jedes dieser Fähnchen ist ein Preisgeld gesetzt, ein Betrag zwischen 50 und 500 Euro.
Bares Geld für die mutigen Kämpfer. Die Stiere werden 15 bis 16 Jahre alt und dann gegessen. Berühmte Stiere bekommen ein Gnadenbrot und nach dem Ableben ein Denkmal. Im Dreieck zwischen Großer und Kleiner Rhône hat jedes Dorf eine Arena.
Bis zu 900 Veranstaltungen finden jedes Jahr statt.
Vater und Tochter führen uns vor, wie sie auf ihren edlen weißen Rössern sitzend ohne Lasso die Stiere von den Kühen trennen oder sie für den Stierkampf aussortieren. Die Stiere sind aus einer genetischen Linie aus Asien hier eingewandert und vom Menschen domestiziert worden. Die weißen Pferde waren schon hier, bevor der Mensch sie für sich nutzbar machte. Sie sind ganzjährig draußen.
Zurück auf der Farm werden wir mit einem Kir als Begrüßungscocktail empfangen. Innen wird Feines aufgetragen, 3 Gänge, dazu Rot- und Weißwein. Die Badener an den Nebentischen singen ihr Badener Lied, wir halten mit und lassen unsere Gesänge erklingen, angeführt von Götz mit schmetterndem Tenor. Fast eine badischschwäbische Verbrüderung ist die Folge. Die Stimmung schlägt hohe Wellen. Ein tolles Schmankerl!
Mit d’Aigues-Mortes erreichen wir den am weitesten im Westen gelegenen Punkt unserer Reise mit wehrhafter Stadtmauer. Wir bummeln durch die Gassen, bevor es zurück nach Arles ins Hotel geht.
Zu zweit besichtigen wir die antike Nekropole von Alyscamps, Zwischen den mehr oder weniger erhaltenen Resten einer kleinen Kirche reihen sich auf beiden Seiten einer etwa 500 Meter langen Platanen-Allee antike Steinsarkophage aneinander. Ein Bild von Vincent van Gogh mit diesem Motiv ziert den Aufgang der Allee.
Nach dem Abendessen wird es spannend. In einem separaten Raum des Hotels geht es zur Auflösung des Reisequiz’, das wie bei jeder Reise interessant von Lieselotte in Szene gesetzt und aufgelöst wird. Strahlende Gesichter bei den Gewinnern, Freude über die sinnvollen Preise.
Herr Weber wird besonders gelobt; bekommt viel Applaus von uns für sein sicheres Fahren, seine unterhaltsamen und kompetenten Erklärungen über Geschichte, Land und Leute. Als Dank ein Bild mit Widmung und unseren Unterschriften, sowie eine gut gefüllte Box.
Auch Götz bekommt seinen wohl verdienten Dank von uns und fröhlichen Beifall, als er sich in neuer Badehose im Stil einer bayerischen Lederhose zeigt, die ihm von Fridl geschenkt worden war.
24. Mai
Die Hauptattraktion von Avignon ist das Palais des Papes. Von 1309 bis 1423 regierten fünf Päpste in dieser Stadt, die von einer imposanten Befestigungsmauer umgeben ist. Der gotische Papstpalast, die Bischofsanlage, die berühmte Brücke Pont St. Bénézet zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Brücke ist einem Hirtenjungen gewidmet, dem durch eine göttliche Eingebung aufgetragen wurde, hier eine Brücke zu bauen. Heute besitzt sie nur noch vier der ursprünglich 22 Pfeiler. Der burgähnliche Papstpalast hat 20.000 m² Innenraum, ist aber leer. Der schöne Rathausplatz mit Restaurants und Cafès ist ein schöner Ort zum Verweilen.
Nach drei Stunden Aufenthalt verlassen wir Avignon in Richtung Norden nach Lyon. Gelber Ginster säumt unseren Weg, auch viele weiße Narzissen. Herr Weber klärt uns während der Weiterfahrt über die Geschichte von Orange auf, das wir ebenso passieren wie Montélimar, Valence etc. Östlich türmen sich weiße Gewitterwolken auf, starker Wind macht Herrn Weber das Fahren nicht leichter. Die Landschaft bietet viel Grün, Ackerflächen, bewaldete Berge und Hügel, rote Mohnfelder, typische südfranzösische Orte.
In Lyon, der Wirtschaftsmetropole Frankreichs, erwartet uns schon die Stadtführerin Delphine. Auf dem hohen Hügel Fourvière thront die nicht unbedingt geschmackvolle, dafür umso wichtigere Basilika Notre-Dame de Fourvière in römischbyzantinischem Stil. Sie gehört zu den Wahrzeichen der Stadt und ist heute noch Wallfahrtskirche.
Die Altstadt Lyons wurde 1998 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Eine Besonderheit sind die Traboules, typisch für das alte Lyon. Das sind schmale Durchgänge (über 300 mit ca. 50 km Länge), in denen im Mittelalter die Tuchballen trocken zum Fluss befördert werden konnten. Auch dienten sie als Fluchtweg. Abends sind sie nur noch von den Bewohnern mit Eingabe eines Codes zu betreten, tagsüber für die Öffentlichkeit offen.
Nach zweieinhalbstündiger eindrucksvoller Stadtführung erreichen wir unser Hotel und gehen nach einem guten 3-Gänge Menü bald zu Bett.
25. Mai
Vor der Rückreise erinnert uns Herr Weber wieder auf charmante Art, dass wir uns im Bus anzuschnallen haben. Die Landschaft hüllt sich in Dunst und Nebel, die Straße schlängelt sich durch den Jura, der sich bis zur Schwäb. Alb hinzieht. Bis nach Genf reiht sich Baustelle an Baustelle. (Die alten römischen Bauwerke hielten über 2000
Jahre, bei uns ist nach 20 Jahren wieder Reparaturbedarf.) Hannelore trägt ihr selbst verfasstes Gedicht vor, das in schönen schwäbischen Reimen unsere Reiseerlebnissewiedergibt. Viel Applaus!
Aufenthalt in Murten am Murtensee, einer kleinen mittelalterlichen Stadt an der Sprachgrenze zwischen Bern und Lausanne gelegen, mit malerischen Gassen und gemütlichen Laubengängen. Die mit Wehrtürmen flankierte Ringmauer bietet einen schönen Blick über die Dächer der Stadt. Die letzten Würstle aus der Bordküche werden zu Mittag am Bus verzehrt. Es ist sonnig und warm.
Die letzte Etappe der Heimreise führt uns entlang am Genfer und Neuenburger See. Um der Fantasie Flügel zu verleihen, wird ein Pastis ausgeschenkt. Dann singen wir das „Spatzenlied“. Götz lässt seinen Tenor erschallen und zwitschert. Wir lassen noch einmal ein Feuerwerk von Eindrücken Revue passieren.
„Man reist nicht, um anzukommen, sondern um unterwegs zu sein“ (Goethe).
Ca. 2800 km unterwegs haben wir viel Schönes und Interessantes gesehen und erlebt. Es schließt sich der Besichtigungsreigen, wir sind wieder daheim.
Allen Verantwortlichen und den gutgelaunten ReiseteilnehmerInnen „Merci“.
Ursula Lorenz